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Das AL4 Automatikgetriebe und der 1.9 Liter Turbodiesel

Vorneweg sollte man schicken, daß die meisten Werkstätten und auch Niederlassungen wohl eher überfordert sind einen Fehler in einem Automatikgetriebe korrekt zu diagnostizieren und gezielt zu beheben. Die hydraulisch gestuerten Getriebe haben nämlich durchaus einige von aussen zugängliche Einstellmöglichkeiten (Bremsbänder, Schalthebel, Kickdownzug...). Desweiteren gibt es Sensoren die man auch mal durchmessen kann (Öltemp., Wassertemp., Gaspedalstellung...).

Wichtig und generell gilt: Das Getriebe muss immer rechtzeitig (oder auch in verkürzten Intervallen) frisches Getriebeöl bekommen. Es ist darauf zu achten, dass der Ölstand korrekt gemessen wird und weder zuviel noch zuwenig Öl im Getriebe ist! Der Ölstand wird beim 4HP14 bei laufendem betriebswarmen Motor (Öltemp. des Getriebes ca. 80 Grad Celsius) in Schaltstellung ``P'' gemessen. Vorher schaltet man mehrere Male alle Gänge durch (Handbremse anziehen!). Die Anzeige am Messtab sollte nahe bei Max liegen. Das AL4 Getriebe hat eine ``Lebensdauerfüllung'', hier wird nur der Ölstand regelmässig geprüft und nachgefüllt bzw. das Getriebe gibt eine Fehlermeldung aus sobald das Öl verbraucht ist.

Es gibt im Xantia verschiedene Automatik-Getriebe. Sehr häufig sind die Vierstufen-Getriebe von ZF verbaut wie z. B. das 4HP14. Ich habe nur mal eines mit einem X1 Benziner kurz probegefahren und das hat hervorragend harmoniert. Die Schaltvorgänge sind sehr angenehm und sehr geeiget für entspanntes und geruhsames Fahren. Wie sich das im Gebirge usw. verhält habe ich keine Erfahrung, aber mit meinem komfortbetonten mehr ruhigen und gleitenden Fahrstil passt es sehr gut.

Kommen wir zur AL4 im Xantia X2. Die Kombination ist meiner Meinung nach hervorragend. Man kann über die Abstufung der Gänge streiten (man wünscht sich manchmal einen etwas kürzeren ersten Gang) und der Wandler könnte vielleicht etwas früher mehr Drehmoment übertragen. Der Spritverbauch liegt bei mir zwischen 6.3 und 7.8 Liter/100 km. Auf der Landstrasse und Autobahn ist das Fahrzeug durch seinen langen vierten Gang wirklich sehr sparsam.
Ist das Getriebe in einwandfreiem Zustand, schaltet es beim Beschleunigen nahezu ruckfrei sowohl bei hoher wie auch bei niedriger Last. Das Herunterschalten erfolgt manchmal etwas ruppig. Durch seine adaptive Elektronik passt es sich sehr schnell der jeweiligen Fahrweise an. Will man generell sportlicher, also mit mehr Durchzug und höheren Drehzahlen fahren, dann kann man ins Sportprogramm wechseln, wo der Motor generell bei höheren Drehzahlen gehalten wird, das klappt auch sehr gut.

Bei Problemen mit dem Getriebe ist anzuraten als erstes das Getrieböl mehrmals zu wechseln. Bei mir kam nach 95.000 km, trotz Werkstattpflege eine schwarze Brühe raus die mehr Ähnlichkeit mit einem Diesel-Motoröl nach 20.000 km hatte als mit einem Automatikgetriebeöl. Daher kann ich nur jedem empfehlen das Öl vorzeitig zu wechseln oder zumindest den Zustand zu kontrollieren. Ich habe dann zweimal hintereinander gewechselt und habe nun ein nahezu klares ATF Dexron III drin, das man auch als solches erkennt. Das Getrieb funktioniert jetzt auch viel besser! Schaltrucke sind weicher und man hat den Eindruck es unktioniert irgendwie alles besser. Vermutlich war auch zu wenig ATF drin (es wird bei laufendem Motor nachgegossen, vbis unten aus dem Überlauf was rauskommt!!!).

Als zweites ist anzuraten den Fehlerspeicher auszulesen. Ein defektes Steuergerät (wohl eher selten) sowie defekte Magnetventile (eher häufig) werden dann schonmal meistens erkannt. Sollte man nur mit dem Schalten oder Schaltverhalten an sich unzufrieden sein, sollte man darauf bestehen, dass die Werkstatt die neueste Software aufspielt, dazu muss man nichts schrauben und es sollte auch nicht allzuviel kosten.
Schaltet das Getriebe nach einer gewissen Anpasszeit der Fuzzy-Logik immer noch nicht ordentlich, liegt nahe die Ventile im Hydraulikblock (gibts nur alle auf einmal, soweit ich weis) zu tauschen (es muss danach eine zu der Ventilversion passende Software eingespielt werden!!!).

Das Schalten in den zweiten Gang ist immernoch zu hart - was nun?

Bei mir hat das alles nichts geholfen, das Getriebe hat den zweiten Gang immer noch eingelegt wie mit dem Vorschlaghammer. Laut Aussage der Werkstätten und auch der nächstgelegenen Niederlassung war das aber ganz normal... (Hahaha, SEHR WITZIG!!!). Zugegeben, die anderen Gänge haben sich weitgehend einwandfrei schalten lassen. Aber was soll ich mit einer Automatik die mir beim normalen Losfahren an der Ampel fast den Hals bricht, wenn sie in den zweiten Gang schaltet? Bei Vollaststarts knallte der Gang so rein, dass ich um das Getriebe gefürchtet habe! Aber das ist ja alles normal...
Losgelassen hat mich das Problem natürlich nicht mehr. Eine vorläufige Lösung war es einfach im Winterbetrieb zu fahren, aber das ständige Ein- und Ausschalten des Winterbetriebs ist ja nun auch etwas nervig und lenkt beim Fahren ab.

Nach einigem Recherchieren habe ich herausgefunden, dass es einen Sensor an der Dieseleinspritzpumpe gibt der die Gaspedalstellung ermittelt. Das ist an sich nichts neues, das haben die teilelektronischen Diesel eigentlich alle. Aber mit der Automatik zusammen ist das extrem interessant. Die Automatik stimmt nämlich ihr Schaltverhalten auf die jeweilige Gaspedalstellung ab. Vereinfacht gesprochen erwartet die Automatik bei viel Gas ein hohes Drehmoment und gibt den Kupplungen bzw. Bandbremsen im Getriebe entsprechend mehr bzw. schneller Druck und der Schaltvorgang läuft schneller ab. Umgekehrt bei wenig Gas, es wird sanfter mit geringeren Drücken geschaltet (wer das genauer beschreiben kann darf mir das gerne genau erklären, ich stelle das dann sofort hier rein!!).
Ist also der Sensor nicht optimal eingestellt kann es passieren, dass das Getriebe denkt, dass der Motor mit höherer Last betrieben wird als es tatsächlich der Fall ist und sie kuppelt dann natürlich entsprechend knackig beim Schalten. Am stärksten macht sich das beim Gangwechsel vom ersten in den zweiten bemerkbar. Dieser Sensor ist wohl nichts weiter als ein Widerstand der seinen Wert in Abhängigkeit der Drehung am Gashebel der Einspritzpumpe verändert. Liegt der Nullpunkt dieses Widerstands falsch gibt er falsche Werte an die Elektronik. Dieser Sensor liegt als schwarze flache Scheibe auf dem Gashebel der Einspritzpumpe und ist daran zu erkennen, dass ein Stecker mit drei Kabeln reingeht. Das Plastikteil ist mit zwei Torxschrauben auf dem Hebel festgeklemmt.
Die Lösung: Ich habe die Stellung des verdrehbaren schwarzen Teils relativ zum Gashebel erstmal genau markiert. Danach leicht verdreht und wieder angeschraubt. Und siehe da: Dreht man nach rechts schaltet das Getriebe noch härter, dreht man nach links (immer von oben auf den Hebel gesehen!) schaltet es weicher. Wobei links recht schnell die Kupplungen durchrutschen und das Schalten überhaupt komisch wird. Bei mir musst ich um nur ca. 0,5-1 mm am Umfang des schwarzen Plastikteils gemessen nach links drehen und alles war perfekt! Die richtige Stellung habe ich einfach durch Probefahren ermittelt. Man merkt sehr genau, wenn es zu hart schaltet und man merkt auch wenn die Kupplungen nicht mehr richtig zusammenarbeiten oder zu lange durchrutschen. Man muss dann einfach in kleinen Schritten verdrehen und findet dann einen Punkt wo alles stimmt. Es bietet sich an in kleinen Schritten vorzugehen. Das Ganze dauert jeweils nur eine Minute und dann eine kurze Probefahrt.

Das Getriebe schaltet jetzt minimal früher und läßt die Gänge ein kleinwenig länger drin und vorallem der zweite Gang geht, im Vergleich zu vorher, rein wie Butter!!! So kann ich glauben, dass sich ein Entwicklungsingenieur das gedacht hat!!! Vorher war jedes hyraulisch gesteuerte Getriebe beser, aber so ist es wirklich eine Verbesserung. Das peinliche ist, dass keiner der befragten Händler von diesem überaus simplen Eingriff wusste!! Wer also Probleme mit zu hartem Schalten hat sollte diesen Versuch wirklich mal machen. Wie gesagt, als erstes die Stellung des Sensors ganz exakt markieren, man weis ja nie ob man mal genau dahin zurück will, weil aus irgendeinem Grund alles nicht mehr richtig geht!!! Wer in der Gegend von Nürnberg wohnt kann gerne nach Absprache vorbeikommen.

Nach einigem Suchen habe ich dann Kontakt mit der Firma STR-Automatikgetriebe bekommen. Dort habe ich in Herrn Schmid zum ersten mal einen kompetenten Gesprächspartner gefunden, der mir einiges zum AL4 sagen konnte was häufige Ausfallursachen angeht.
Prinzipiell kann man als ``Benutzer'' bei einem Automaitkgetriebe nicht allzuviel selber diagnostizieren, aber ein paar Dinge gehen ja dann doch.

Bei Problemen sollte, nach dem Abarbeiten der fahrzeugspezifischen Dinge die ich oben genant habe (also Fehlerspeicher/Software-Update) immer der erste Punkt sein den Ölstand und den den Zustand des Öles zu prüfen. Das Öl ab Werk ist rot und sollte nicht verbrannt riechen oder braun/schwarz aussehen. Ist das Öl schonmal getauscht worden kann da von farblos bis farbig so ziemlich jede Farbe drin sein, man sollte aber sicher sein, dass es auch ein geeignetes Öl ist. Lieber einmal zu oft tauschen als mit falschem Öl fahren! Herr Schmid hat mit dem Esso LT 71141 seit 8 Jahren gute Erfahrungen in allen modernen Automatikgetrieben gemacht. Eine interessante Information ist noch, dass vollsynthetische ATF Öle bei modernen Getrieben Schwierigkeiten mit den verwendeten Materialien machen und dann sehr schnell altern (früher war da ja sehr viel Stahlguss verbaut, während heute meist Stahl/Alu verbaut wird).

Häufiger Fehler beim AL4 ist, dass die Kupplungszylinder des ersten Ganges wegen Undichtigkeiten nicht mit genug Öldruck vesorgt wird und dann entweder gar nicht mehr kraftschlüssig wird oder erst bei hohen Drehzahlen, wo dann genug Druck zur Verfügung steht. Eine defekte Kupplung kann man an der Festbremsdrehzahl des Getriebes selber diagnastizieren. Das heisst einmal Getriebe quälen. Dazu bei betriebswarmem Getriebe Handbremse anziehen und fest auf die Fussbremse treten, dann bei eingelegter Fahrstufe ``D'' Vollgas geben und die erreichte Enddrehzahl ablesen. Danach sofort vom Gas und Getriebe abkühlen lassen!!!. Im normalen Fall sollte die erreichte Drehzahl ca. 2300 U/min betragen. Ist sie, wie bei mir, so bei 3000 U/min dann stimmt irgendwas nicht, sobald ich weiss was es ist schreibe ich es hier rein! Dreht der Motor bis in den Begrenzer ist eindeutig die Kupplung nicht kraftschlüssig geworden, dann sollte so schnell wie möglich das Getriebe überarbeitet werden, bevor weitere Defekte dazukommen (durch Abrieb der Kupplung, verbranntes Öl usw.)! Beim AL4 kann man auf Winterbetrieb schalten und dieselbe Prozedur für den dann fest eingelegten 2. Gang machen, analog für den Rückwärtsgang. Die Festbremsdrehzahl sollte bei allen drei Gängen gleich sein, sonst rutscht eine der beteiligten Kupplungen und das Getriebe muss überholt werden. Bei mir ist die Festbremsdrehzahl in allen Gängen 3000 U/min und damit zu hoch, aber es deutet eben nichts auf eine defekte Kupplung hin.
Vermutung von Herrn Schmid war, dass die Motorleistung zu hoch ist für diesen Wandler.

Hier mal die Kontaktdaten:
STR-Automatikgetriebe, Karl-Heinz Schmid e.K.
Automatikgetriebe
Waldesch 23/2
D-88069 Tettnang

Tel.: 07542-952737
Fax: 07542-952739

E-Mail: info@str-getriebe.com
www.str-automatik.de


Die Sache mit dem vierten Schaltruck...
Ja, ich hatte dann noch die Frage warum ich bei einer Vierstufen-Automatik eigentlich vier Schaltrucke bemerke. Das kann ja nicht sein, weil das Getriebe im ersten Gang losfährt, dann sollte ein erster Schaltruck beim Schalten in den zweiten Gang folgen, ein zweiter in den Dritten und ein dritter in den Vierten, also drei Schaltrucke. Bei mir ist aber, bei geringer Last am besten zu spüren, ein vierter Schaltruck bei ca. 40 km/h, der da eigentlich nichts verloren hat. Der erste Kundendienstmann hat mir bestätigt, dass da ein Ruck ist und konnte sich das auch nicht erklären. Er hat mir angeboten das Getriebe zu prüfen, wobei natürlich nichts rauskam. Naja, ich machs kurz. Das AL4 Getriebe hat auch im zweiten Gang eine Wandlerüberbrückung! Beim Einsetzen der Überbrückungskupplung spürt man eben den besagten Ruck, der sich anfühlt wie ein normaler Schaltruck. Besonders gut spürt man das bei niedriger Last im zweiten Gang, weil da der Wandler relativ viel Schlupf hat und die Kupplung relativ hart einkuppelt. Bei hoher Last setzt die Wandlerüberbrückung fast ruckfrei ein, und man merkt es nur wenn man drauf achtet.


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N. Fritz 2006-03-31